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Parkettierungen

Im Alltag sind geometrische Muster allgegenwärtig: zum Beispiel beim Parkettboden, den Badezimmerkacheln, den Asphaltplatten in der Fussgängerzone, dem Karopapier in der Schule u.s.w. Die Kacheln oder Platten bestehen meist aus einfachen regelmäßigen geometrischen Formen, wie Rechtecke oder Quadrate. Indem man sie in allen Richtungen Kante an Kante aneinanderreiht, können sie eine beliebig große Fläche lückenlos bedecken.

In der Mathematik bezeichnet Parkettierung (auch Kachelung, Pflasterung oder Flächenschluss) die lückenlose und überlappungsfreie Überdeckung einer Ebene durch gleichförmige Teilflächen. Das Konzept kann auch auf höhere Dimensionen erweitert werden. Es geht um die möglichst optimale Nutzung einer gegebenen Fläche oder Raumes.

Sind die Flächenformen gleich geformt, gleich groß und außerdem regelmäßige/gleichseitige Vielecke (Polygone), gibt es nur drei mögliche Formen für eine lückenlose Parkettierung: Quadrate, Dreiecke oder Sechsecke. Ab sieben Ecken ist keine überlappungsfreie Kachelung mehr möglich und mit gleichseitigen Fünfecken bleibt zwischen den Kacheln eine dreieckige Lücke.

Die Formen, die ein unendliches Muster in der Ebene ermöglichen, werden durch die Anzahl ihrer Symmetrieeigenschaften unterschieden, d.h. wie oft sie sich drehen oder verschieben lassen, ohne dass das Muster sein Aussehen verändert. Insgesamt gibt es 17 Symmetriegruppen mit jeweils anderen Arten einer unendlichen Musterwiederholung. Diese Symmetriegruppen haben große Bedeutung für das Studium von Kristallstrukturen.

 

Parkettierungsmuster. (Farbsand auf Leichtstoffplatte, 70 x 70 cm). Die Formen wurden auf Basis von 8x8 Quadraten konstruiert und eingefärbt.
Dreiecks-Kacheln Komposition (Holzstäbchen auf Kappa-Leichtstoffplatte (70x70 cm).

Truchet-Kacheln

Der Erste, der sich mit dem scheinbar trivialen Thema der Aufteilung einer Fläche mit gleichförmigen Mustern systematisch beschäftigte war Jean Truchet (1657-1729), ein in Lyon geborener französischer Dominikaner, der unter Ludwig XIV. lebte. Er war in Bereichen wie Mathematik, Hydraulik, Grafik und Typografie tätig.

Inspiriert von Dekorationen, die er auf den Kanälen gesehen hatte, studierte Truchet dekorative Muster auf Keramikfliesen. Ein bestimmtes Muster, das er untersuchte, betraf quadratische Kacheln, die durch eine diagonale Linie in zwei Dreiecke geteilt waren und in kontrastierenden Farben dekoriert waren. Durch Platzieren dieser Kacheln in unterschiedlichen Ausrichtungen zueinander als Teil einer quadratischen Kachelung stellte Truchet fest, dass viele verschiedene Muster gebildet werden konnten. Dieses Modell der Musterbildung ist heute Mathematikern und Designern als Truchet-Kacheln bekannt.

Die Musteruntersuchungen Truchet`s wurden später von dem französischen Typographen Pierre Simon Fournier (1712-1768) aufgegriffen, der den Punkt als Einheit für die Schriftgröße eingeführt hat und das typografische Maßsystem entwickelte. Als Holzstecher hatte Fournier ein Interesse an Ornamenten für die Gestaltung von Druckwerken. Angeregt durch Truchet unterteilte Fournier jedes Element eines großen Ornaments in kleine Elemente, die „kombinatorische“ Ornamente oder Vignetten genannt werden. Sein 1764/68 in 2 Bänden erschienenes Werk »Manuel Typographique« hatte große Bedeutung für die Buchkunst und die Entwicklung verschiedener Schriftarten.