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Das Geheimnis der Symmetrie

Die Symmetrie ist in der Natur allgegenwärtig: alle Lebewesen – Menschen, Tiere, Pflanzen – sind auf irgendeine Weise symmetrisch organisiert. Ebenso hat Materie in der Regel eine symmetrische Struktur, wie z.B. in Form von Kristallen oder molekularen Verbindungen wie der DNA bis hin zum Aufbau von Atomen. Symmetrie kann selbst als ursprüngliche Form der Kommunikation beim Austausch von Informationen verstanden werden. Kein Wunder, dass Symmetrieeigenschaften auch in der Mathematik und in der Kunst eine zentrale Rolle spielen.

In der Geometrie z.B. bezieht sich Symmetrie auf die Eigenschaften von Objekten, die bei bestimmten Transformationen unverändert bleiben. Zum Beispiel hat ein gleichseitiges Dreieck Symmetrien, die durch Drehungen oder Spiegelungen beschrieben werden können, die das Dreieck auf sich selbst abbilden. So kann es dreimal um jeweils 120 Grad gedreht werden oder an Achsen durch den Mittelpunkt dreimal gespiegelt werden, ohne sein Aussehen zu verändern. Die Anzahl der möglichen symmetrischen Transformatioeines Objekts wird Symmetriegruppe genannt.

Die Untersuchung der Eigenschaften solcher Symmetriegruppen in Verbindung mit bestimmten Verknüpfungsoperationen, wie z.B. Addition, Multiplikation, etc führte zur Entwicklung eines Teilgebiets der Mathematik, das Gruppentheorie genannt wird. Ein spezieller Bereich der Gruppentheorie wiederum behandelt Objekte wie z.B. einen Kreis oder eine Kugel, die um jeden beliebigen Winkel gedreht werden können, ohne ihr Aussehen zu verändern, demnach unendlich viele Symmetrien besitzen. Dieser Bereich wird mit der so genannten Lie-Algebra untersucht, die nach dem norwegischen Mathematiker Sophus Lie (1842-1899) benannt ist. Mittels der Lie-Algebra können extrem komplexe Gruppenstrukturen auf eine geometrische Art und Weise beschrieben und studiert werden.

Die bisher komplexeste – schon seit über 100 Jahren bekannte – mathematische Struktur konnte erst im Jahr 2007 nach fünf Jahren intensiver Forschung entschlüsselt werden. Es handelt sich um die so genannte E8-Lie-Gruppe, eine Gruppe von symmetrischen Transformationen, die einen acht-dimensionalen Raum in sich selbst abbilden, wobei 248 reelle Parameter benötigt werden, um alle möglichen Transformationen der Gruppe zu beschreiben.

Diese Gruppe hat eine wichtige Bedeutung in der Physik und Mathematik, da sie dazu beitragen kann, theoretische Modelle zu entwickeln und zu verstehen, die die Natur und die Welt um uns herum beschreiben. Zum Beispiel spielt sie eine wichtige Rolle in der Stringtheorie, einer der bedeutendsten Theorien der modernen Physik, die versucht, die Gravitation (Relativitätstheorie) und die Quantenphysik in der so genannten „Theory of Everything“ miteinander zu vereinen.

Eine mögliche geometrische Projektion der E8-Lie-Gruppe (Reißzwecken auf Leicht-stoffplatte, 70 x 70 cm).

Geometrische Darstellungen der E8-Lie-Gruppe (Pins auf Leichtstoffplatte, 50x50) Oben: Darstellung der Symmetrien eines gleichseitigen Dreiecks